Die Erbengemeinschaft
und typische Konflikte

Bei der Erbengemeinschaft handelt es sich um eine sogenannte Gesamthandsgemeinschaft. Jeder Miterbe hat einen Bruchteil (z.B. ½ oder 5/7) am Gesamtnachlass. Vereinfacht kann man sagen, dass allen alles gemeinsam gehört. Dies führt dazu, dass die Miterben nur gemeinsam über Nachlassgegenstände verfügen dürfen.

Soll also z.B. ein Haus oder ein Wertpapier aus dem Nachlass verkauft werden, ist dies nur möglich, wenn alle Miterben zustimmen. Diese rechtliche Struktur gibt auch Miterben mit sehr kleinen Erbquoten eine Blockademöglichkeit und damit ein erhebliches Konfliktpotenzial innerhalb der Erbengemeinschaft.

Die Verwaltung innerhalb der Erbengemeinschaft am Beispiel einer Immobilie: vermieten, renovieren, etc.

Komplex ist insbesondere auch die Verwaltung des Nachlasses, also z.B. wenn über eine Heizungsreparatur oder Vermietung zu entscheiden ist. Handelt es sich bei der Maßnahme um eine solche der ordnungsgemäßen Verwaltung, reicht gemäß § 2038 BGB ein Mehrheitsbeschluss der Erben aus. Das Stimmrecht richtet sich nach der jeweiligen Erbquote (§ 2038 Abs. 2, § 745 S. 2 BGB). In Pattsituationen (z.B. zwei Erben zu je 1/2 mit unterschiedlichen Vorstellungen) kann Stillstand eintreten. Gegebenenfalls muss dann in jedem einzelnen Fall die Zustimmung des blockierenden Miterben eingeklagt werden.

Ebenso regelmäßig gibt es Streit um die Mittragung von Kosten durch die Erben, die gegen die Maßnahmen gestimmt haben. Ein Alleingang eines einzelnen Erben ist nur ausnahmsweise in seltenen Fällen der Notverwaltung zulässig, z.B. wenn ein Nachlassgegenstand durch eine akute Gefahr in seinem Bestand gefährdet ist. In Fällen der Notgeschäftsführung, z.B. Durchführung von Dachabdichtungsmaßnahmen oder Abwehr einer Zwangsvollstreckung, kann ausnahmsweise ein Erbe die gesamte Erbengemeinschaft vertreten und verpflichten.

Die größten Hürden gibt es für Maßnahmen, die nicht zur ordnungsgemäßen (außerordentlichen) Verwaltung gehören z.B. wenn eine nicht erforderliche Sanierungsmaßnahme an einer Immobilie durchgeführt werden soll, von der man sich eine erhebliche Wertsteigerung verspricht. Hier müssen – wie bei der Verfügung – alle Miterben zustimmen, auch wenn die Maßnahme objektiv sinnvoll und lukrativ erscheint. Einstimmigkeit ist z.B. auch erforderlich, wenn über den Abriss einer Nachlassimmobilie entschieden werden soll.

Wer trägt die Verwaltungskosten, wer bekommt die Mieteinnahmen?

Die Erhaltung und Verwaltung von Immobilien kostet Geld. Während die Erben nach außen gesamtschuldnerisch haften, tragen sie untereinander die Lasten im Verhältnis ihrer Erbquoten. In der Praxis strecken häufig einzelne Mitglieder der Erbengemeinschaft Verwaltungskosten vor und versuchen dann Aufwendungsersatzansprüche gegen die anderen Miterben durchzusetzen.

Andererseits lassen sich mit Immobilien im Nachlass auch Mieteinnahmen erzielen. Erbrechtlich handelt es sich dabei um Früchte, §§ 2038 Abs. 2 S. 2, 743 Abs. 1 BGB. Diese stehen zwar jedem Miterben zu, fallen aber zunächst in das Gesamthandsvermögen der Erbengemeinschaft. Nach dem Gesetz werden die Mieteinnahmen daher erst bei der Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft verteilt. Eine Immobilie kann daher für den einzelnen schnell zur kostspieligen Angelegenheit werden, in die er jahrelang investiert, ohne selbst wirtschaftliche Vorteile ziehen zu können.

Nutzungsregelung – wenn einzelne Erben das gerbte Haus bewohnen

Jedes Mitglied der Erbengemeinschaft hat ein Recht zur Nutzung des zur Erbschaft gehörenden Gegenstandes, z.B. des Wohnhauses bzw. der Eigentumswohnung. Dies gilt aber nur, soweit dadurch die Nutzung der übrigen Miterben nicht beeinträchtigt wird. In der Praxis helfen diese Grundsätze kaum. Hier müssen sich die Miterben auf eine Nutzung beziehungsweise Benutzungsregelung einigen.

Faktisch wird es häufig so sein, dass einer der Miterben – meist der Ehegatte oder ein Kind des Erblassers – beim Erbfall das Objekt bereits bewohnt und die übrigen Miterben faktisch von der Nutzung ausschließt. Anlass für ein Erbstreit ist dann häufig nicht nur die Frage, wer die Immobilie nutzen darf, sondern vor allem welche Nutzungsentschädigung den nicht nutzenden Erben zusteht.

Teilungsversteigerung – die Versilberung für die Auseinandersetzung

Das Damoklesschwert, dass über jede Immobilie in einer Erbengemeinschaft hängt, ist die Teilungsversteigerung.

Grundsätzlich kann jeder Miterbe jederzeit beim Amtsgericht die Versteigerung des Grundeigentums verlangen. Die Versilberung unteilbarer Nachlassgüter (§ 753 BGB) ist vom Gesetzgeber ausdrücklich vorgesehen und ist Voraussetzung für die Verteilung des nach Ausgleich aller Nachlassverbindlichkeiten verbleibenden Überschusses an die Miterben. Im Rahmen eines Teilungsversteigerungsverfahrens sind eine Vielzahl von Sondervorschriften zu beachten.

Nach erfolgreicher Versteigerung gelangt der Versteigerungserlös erneut in das Eigentum der Erbengemeinschaft insgesamt.

Auch bei zerstrittenen Erbengemeinschaften ist die Teilungsversteigerung der Immobilie nicht zwingend. Die Auseinandersetzung kann (und sollte) grundsätzlich auch durch den gemeinschaftlichen Verkauf und nachfolgenden Auseinandersetzungsvertrag erfolgen. Hier hängt viel von der Vernunft und den Emotionen der beteiligten Miterben (und ihrer Rechtsanwälte) ab. Sehr hilfreich für eine derartige Konfliktlösung kann hier die Durchführung eines Mediationsverfahrens sein.

Wie kommt die Erbengemeinschaft in das Grundbuch?

Die Erbengemeinschaft wird im Erbfall automatisch Eigentümer. Es ist geboten, diese Eigentümerstellung auch durch eine Berichtigung des Grundbuchs zu dokumentieren. Den Antrag auf Grundbuchberichtigung kann jeder Miterbe beim zuständigen Grundbuchamt stellen. Soll die Immobilie zeitnah an einen der Miterben fallen, – z.B. durch Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft, Abschichtung oder Erbteilsverkauf – kann gegebenenfalls auf eine Grundbuchberichtigung verzichtet werden.

Lösungsansätze für Erblasser und Erben

Immobilien in der Erbengemeinschaft bringen Streitpotenzial mit sich. Für Erblasser erscheint es ratsam, bereits bei der Testamentserrichtung das Entstehen einer Erbengemeinschaft zu verhindern. Das gilt beim klassischen Berliner Testament zumindest für den ersten Erbfall, bei dem der Ehegatte Alleinerbe wird.

Sollen Kinder oder andere Personenmehrheiten Erbe werden, kann man mit Teilungsanordnungen, Vorausvermächtnissen oder Anordnung der Testamentsvollstreckung viele Probleme der Erbengemeinschaft eindämmen. Wer sich als Erbe in einer Erbengemeinschaft wiederfindet, sollte sich zunächst einen Überblick über den Nachlass als auch die Rechte und Pflichten als Miterbe verschaffen.

Soweit Immobilien zum Nachlass gehören und eine Auseinandersetzung (Auflösung) mittelfristig nicht gewünscht oder möglich ist, gibt es gute Gründe dafür, die Erbengemeinschaft in eine Personengesellschaft umzuwandeln. Das Gesellschaftsrecht bietet regelmäßig die besseren wirtschaftlichen Strukturen als das Erbrecht. Für die Verwaltung von Häusern, Wohnungen etc. ist es zudem geboten, einen externen Verwalter zu beauftragen. Solche neutrale Dritte können häufig auch Pattsituationen verhindern und dafür sorgen, dass Nachlasswerte werthaltig bleiben.

Es berät Sie: Rechtsanwältin Lieselotte Richard, Fachanwältin für Erbrecht

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